Cyclotosaurus buechneri, ein Temnospondyle aus der Trias von Bielefeld

von Sven Sachs & Florian Witzmann
Cyclotosaurus ist ein triassischer Vertreter der Temnospondyli, einer vielfältigen Gruppe von Ur-Amphibien, die aus dem frühen Karbon bis zum späten Trias gut bekannt ist und durch vereinzelte Funde auch aus dem Jura und der frühen Kreidezeit bachgewiesen wurde (Schoch & Milner 2000, 2014). Der Begriff Temnospondyli wurde von Karl Alfred von Zittel (Zittel, 1887–1890) geprägt, aber in früheren (und einigen späteren) Veröffentlichungen wurde die Gruppe auch als Labyrinthodontia bezeichnet. Dieser Name bezieht sich auf das labyrinthartige Muster der Zahnkronen, das in den Querschnitten ihrer Zahnkronen zu sehen ist (siehe Abbildung einer Zahnkrone von Mastodonsaurus aus Owen, 1860).

Die Gattung Cyclotosaurus mit der Typusart Cyclotosaurus robustus wurde 1889 von Eberhard Fraas, damals Kurator am Naturkundemuseum in Stuttgart (heute Staatliches Museum für Naturkunde), in seiner Monografie „Die Labyrinthodonten der schwäbischen Trias“ (Fraas, 1889) aufgestellt.
Cyclotosaurus gehört zu einer großen Gruppe von hauptsächlich triassischen Temnospondylen, den Stereospondyli. Die Stereospondyli stellen eine diverse Gruppe dar, die oberflächlich an Krokodile erinnern. Unter ihnen finden sich die größten Amphibien der Erdgeschichte, einige mit einer Körperlänge von mehr als fünf Metern (Schoch & Milner 2000). Stereospondylen waren die Spitzenprädatoren in terrestrischen Ökosystemen wie Flüssen, Sümpfen und Seen, kamen aber manchmal auch in brackigen Lebensräumen vor. Einige Stereospondylen wurden sogar in vollständig marinen Assemblagen gefunden (Steyer, 2002; Fortuny et al., 2018) oder lebten möglicherweise in Lebensräumen mit wechselndem Salzgehalt (Lindemann, 1991; Witzmann & Soler-Gijón, 2010).

Arten von Cyclotosaurus
Eine siebte Art, Cyclotosaurus buechneri, wurde von Witzmann, Sachs & Nyhuis (2016a) anhand eines weitgehend vollständigen Schädels aus dem späten Trias (mittleres Carnium) der Stuttgart-Formation in Bielefeld im Nordwesten Deutschlands beschrieben. Inzwischen ist mit Cyclotosaurus naraserluki Marzola, Mateus, Shubin & Clemmensen, 2017, sogar eine achte Art aus obertriassischen (norischen) Schichten Grönlands bekannt (Marzola et al., 2017).
Kurze Fundgeschichte von Cyclotosaurus buechneri
Der Schädel des Cyclotosaurus buecheri wurde 1976 bei einer Exkursion des Naturwissenschaftlichen Vereins für Bielefeld und Umgebung entdeckt. Die Exkursion besuchte den Steinbruch Pape in Bielefeld-Sieker, der damals als Halde für den Erdaushub vom Bau einer neuen Sparkasse diente. Der Schädel wurde von Martin Büchner, dem damaligen Direktor des Naturkundemuseums in Bielefeld und Leiter der Exkursion, gefunden. Büchner rettete das Fossil und brachte es in sein Museum, wo es seitdem Teil der Sammlung ist (weitere Informationen siehe Witzmann et al., 2016a, b). Eine vorläufige Zuordnung zu Cyclotosaurus erfolgte durch Büchner selbst. Trotz seiner Vollständigkeit dauerte es jedoch 40 Jahre von der Entdeckung bis zur detaillierten Beschreibung des Exemplars, obwohl es in Schoch & Milner (2000) und Büchner (2008a, b) als Cyclotosaurus robustus erwähnt wurde.

Studie von Florian Witzmann, Sven Sachs und Christian Nyhuis

Eine erste Untersuchung des Bielefelder Schädels durch Sven Sachs und Christian Nyhuis fand 2013 statt. Da beide noch nicht viel Erfahrung mit Fossilien von Temnospondylen hatten, luden sie Florian Witzmann ein, sich dem Team anzuschließen. Das Exemplar wurde 2014 von uns erneut untersucht. Im Laufe unserer Studie stellte sich heraus, dass der Bielefelder Cyclotosaurus-Schädel deutliche Unterschiede zu anderen bekannten Exemplaren aufweist. Insbesondere eine Kombination von vier Merkmalen ist einzigartig: Die Augenhöhlen sind medial platziert und der Abstand zwischen den Augenhöhlen ist kurz; der seitliche Teil der Augenhöhlen ist nur geringfügig breiter als die Breite der Augenhöhlen selbst; der hintere Teil des Schädels ist schlank und der vordere Teil des Jugale (Jochbeins) ist kürzer als die Hälfte der Länge der Schnauze (Witzmann et al., 2016a: S. 87).
Unsere phylogenetische Analyse ordnete das Bielefelder Exemplar an der Basis der Cyclotosaurus-Radiation ein. Nun war klar, dass es sich um eine neue Art handelte, und wir beschlossen, sie zu Ehren des Finders und langjährigen Kurators des Naturkundemuseums Bielefeld, Martin Büchner, zu benennen.
Bedeutung von Cyclotosaurus buechneri
In Deutschland sind stereospondyle Amphibien hauptsächlich aus Baden-Württemberg bekannt, wo sie in kontinentalen Ablagerungen aus dem Trias durchaus häufig gefunden werden. In Norddeutschland sind sie jedoch eine Ausnahme (Schoch & Milner, 2000, 2014). Cyclotosaurus buechneri ist der erste eindeutige Vertreter der Gattung Cyclotosaurus in Norddeutschland (Witzmann et al., 2016a, b).


Marzola, M., Mateus, O., Shubin, N.H. and Clemmensen, L.B. (2017) Cyclotosaurus naraserluki, sp. nov., a new Late Triassic cyclotosaurid (Amphibia, Temnospondyli) from the Fleming Fjord Formation of the Jameson Land Basin (East Greenland). Journal of Vertebrate Paleontology 37: p.e1303501.Meyer, H. von & Plieninger, T. (1844) Beiträge zur Paläontologie Württemberg’s, enthaltend die fossilen Wirbeltierreste aus den Triasgebilden mit besonderer Rücksicht auf die Labyrinthodonten des Keupers. Schweizerbart, Stuttgart, 132 pp.Owen, R. (1860) Palæontology; or, A systematic summary of extinct animals and their geological relations. Edinburgh. A. & C. Black, 423 pp.Schoch, R. R. (2008) The Capitosauria (Amphibia): characters, phylogeny, and stratigraphy. Palaeodiversity 1: 189–226.Schoch, R. R. & Milner, A. R. (2000) Stereospondyli. Encyclopedia of Paleoherpetology, Part 3B. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, Munich, 203 pp.Schoch, R. R. & Milner, A. R. (2014) Temnospondyli I. Encyclopedia of Paleoherpetology, Part 3A2. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, Munich, 203 pp.Steyer, J. S. (2002) The first articulated trematosaur ‘amphibian’ from the Lower Triassic of Madagascar: implications for the phylogeny of the group. Palaeontology 45: 771–793.Sulej, T. & Majer, F. (2005) The temnospondyl amphibian Cyclotosaurus from the Upper Triassic of Poland. Palaeontology 48: 157–170.Witzmann, F. & Soler‐Gijón, R. (2010) The bone histology of osteoderms in temnospondyl amphibians and in the chroniosuchian Bystrowiella. Acta Zoologica 91: 96-114.Witzmann, F., Sachs, S. & Nyhuis, C. (2016a) A new species of Cyclotosaurus (Stereospondyli, Capitosauria) from the Late Triassic of Bielefeld, NW Germany, and the intrarelationships of the genus. Fossil Record 19: 83-100.Witzmann, F., Sachs, S. & Nyhuis, C. (2016b) Cyclotosaurus buechneri – ein neuer Riesenlurch aus der oberen Trias von Bielefeld. Der Steinkern 27: 46-51.Zittel, K. von (1887–1890) Handbuch der Palaeontologie. I Abteilung, Palaeozoologie. 3. Vertebrata (Pisces, Amphibia, Reptilia), Oldenbourg, München and Leipzig, 900 pp.External linksCyclotosaurus buechneri on WikipediaVideo of Martin Büchner presenting the Cylotosaurus skull (with English subtitles)